Translation
Eines der wichtigsten Ziele der Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung (DZG) ist es, wissenschaftliche Forschungsergebnisse schnell in die allgemeine medizinische Versorgung zu bringen. Dabei kann es sich z. B. um die Entwicklung von diagnostischen Verfahren, Therapien oder Medikamenten handeln. Dieser Prozess – die sogenannte Translation – kommt der Gesundheitsversorgung der Gesellschaft zugute.
Auf dieser Seite stellen wir Beispiele aus den DZG vor, die den Translationsprozess veranschaulichen.
Nach DZG filtern
Zu Translations-Phasen navigieren
In der präklinischen Phase werden grundlegende wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen und getestet. Dazu gehören Experimente im Labor, etwa an Zellkulturen oder Tiermodellen, um die Wirksamkeit und Sicherheit eines neuen Ansatzes (z. B. eines Medikaments oder einer Technologie) zu bewerten. Ziel ist es, eine fundierte Basis zu schaffen, bevor klinische Studien am Menschen gestartet werden.
Das DZNE forscht gemeinsam mit der niederländischen Firma Intravacc an einem Impfstoff gegen eine spezielle Form der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS). Dazu soll ein vom DZNE entwickelter Wirkstoff-Prototyp so weit optimiert werden, dass er an Patientinnen und Patienten getestet werden kann. Die ALS ist eine bislang unheilbare Nervenkrankheit, die Lähmungen hervorruft und meist innerhalb weniger Jahre zum Tod führt. Von der ALS gibt es verschiedene Varianten, manche sind erblich bedingt. Der geplante Impfstoff richtet sich gegen die häufigste dieser genetisch verursachten ALS-Formen: Anders als bei den meisten Menschen haben die Betroffenen in einem normalerweise stummen Abschnitt des sogenannten C9orf72-Gens sehr viele Wiederholungen einer bestimmten DNA-Abfolge. Dies führt zur Bildung toxischer Proteine, insbesondere langer Poly-Glycin-Alanin-Ketten. Der Impfstoff soll Antikörper gegen diese Eiweißstoffe hervorrufen, um sie zu neutralisieren. Die EU unterstützt dieses Forschungsprojekt zusätzlich durch einen „EIC Transition Grant“ in Höhe von 2,5 Million Euro.
Forschende des DZNE und der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben einen Ansatz entwickelt, um die sogenannte NMDA-Rezeptor-Enzephalitis präziser als bisher zu behandeln: Sie programmieren dafür weiße Blutkörperchen so um, dass sie krankmachende Zellen ausschalten. Das Verfahren hat sich in Labortests mit Mäusen bewährt, klinische Studien am Menschen sind in der Planung.
Die NMDA-Rezeptor-Enzephalitis ist eine schwere autoimmune Entzündung des Gehirns, die mit Gedächtnisstörungen, epileptischen Anfällen und Psychosen einhergehen kann. Auslöser sind körpereigene Antikörper, die fälschlicherweise das Gehirn angreifen. Während bisherige Therapien das Immunsystem pauschal unterdrücken, zerstört das neue Verfahren nur jene Körperzellen, die die problematischen Antikörper herstellen.
In klinischen Studien werden neue Ansätze am Menschen untersucht erprobt, um die Sicherheit und Wirksamkeit neuer Therapieansätze zu prüfen. Diese unterteilen sich in drei Phasen:
- Phase I: Untersuchung der Sicherheit und Verträglichkeit an einer kleinen Gruppe gesunder Probanden oder Patienten.
- Phase II: Prüfung der Wirksamkeit und Bestimmung der optimalen Dosierung an einer größeren Patientengruppe.
- Phase III: Bestätigung der Wirksamkeit und Sicherheit an einer noch größeren und repräsentativeren Population, um eine Basis für die Zulassung der Therapie und damit die breite Anwendbarkeit in der Gesundheitsversorgung zu schaffen.
Mit einer neuen Dreifachtherapie haben Patientinnen und Patienten mit Mukoviszidose, auch Cystische Fibrose (CF) genannt, deutlich weniger Schleim in der Lunge und ihre Atemwege sind besser belüftet. Bei CF ist das Gen für einen Ionenkanal verändert. Als Folge bildet sich ein zäher Schleim, der die Atemwege der Lunge und innere Organe wie den Darm verklebt. Kürzlich entwickelte sogenannte small molecule CFTR-Modulatoren ermöglichen es, bestimmte Ursachen zu behandeln, dazu gehört auch die F508del-CFTR-Mutation, die bei gut 90 Prozent aller Patientinnen und Patienten vorliegt. Diese Modulatoren aktivieren vorhandene Kanäle und unterstützen, dass der CFTR-Kanal richtig hergestellt wird. Die Zwischenauswertung der ersten Langzeitstudie zeigt, dass die Therapie mit den drei CFTR-Modulatoren Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor langfristig wirksam, sicher und gut verträglich ist. Sowohl die Lungenfunktion als auch die Atmung und der Ernährungszustand der Mukoviszidose-Patienten verbesserten sich und es traten seltener Verschlechterungen der Lungenfunktion, sogenannte Exazerbationen, auf.
Tuberkulose ist weltweit die häufigste durch bakterielle Infektionen verursachte Todesursache; Menschen mit geschwächtem Immunsystem und HIV-Infizierte sind besonders gefährdet. Nach Angaben der WHO sterben jährlich etwa 1,6 Millionen Menschen daran, vor allem in Südostasien, Afrika und dem Westpazifik. Eine Herausforderung ist das Auftreten resistenter Keime, gegen die nur wenige Antibiotika wirken. Der Antibiotikakandidat BTZ-043, entdeckt am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut und weiterentwickelt unter Beteiligung des DZIF, zeigt vielversprechende Ergebnisse auch gegen multiresistente Stämme und erhielt 2023 weltweiten Patentschutz.
In präklinischen Tests und Phase-I-Studien zeigte BTZ-043 gute Verträglichkeit, Sicherheit und Wirksamkeit. Derzeit wird der 2023 zum Leibniz-Wirkstoff des Jahres gekürte Antibiotikakandidat in mehreren klinischen Phase-II-Studien in verschiedenen Dosierungen und Kombinationen mit anderen Therapeutika getestet, um Behandlungsstrategien für arzneimittelresistente Tuberkulose zu optimieren.
Die zielgerichtete Radionuklidtherapie gegen das Prostata-spezifische Membranantigen (PSMA) machte in den letzten Jahren große Fortschritte und ist eine vielversprechende Behandlungsoption für Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs. Dabei werden radioaktiv markierte Moleküle eingesetzt, die gezielt an das auf Tumorzellen vermehrt vorkommende PSMA binden. So können Krebszellen präzise bestrahlt werden – während gesundes Gewebe weitgehend geschont bleibt. PSMA wird auch in der Fluoreszenz-geführten Chirurgie erfolgreich eingesetzt: Durch die Kombination von radioaktiven PSMA-bindenden Substanzen mit fluoreszierenden Farbstoffen wird Tumorgewebe vor und während der Operation sichtbar gemacht und kann gezielter entfernt werden. Forschende der Abteilung Radiopharmakaentwicklung am DKTK-Partnerstandort Freiburg arbeiten eng mit der Nuklearmedizin (Uniklinikum Freiburg) zusammen, um solche innovativen Radiopharmaka in die Klinik zu bringen. Neben PSMA wurde ein Radiopharmakon gegen MMP-14, einer neu entdeckten Zielstruktur auf Tumorzellen, mit dem Unternehmen Bicycle Therapeutics entwickelt und erfolgreich in die klinische Erprobung überführt. Das eröffnet Möglichkeiten für die gezielte Diagnostik und Behandlung solider Tumore.
Parallel oder im Anschluss an präklinische und frühe klinische Arbeiten ist es wichtig, Innovationen rechtlich abzusichern, z. B. durch die Anmeldung eines Patents. Ein Patent schützt das geistige Eigentum und ermöglicht es, Investitionen in die Entwicklung abzusichern und sie wirtschaftlich zu nutzen.
Mehr als 90 Prozent der Menschen infizieren sich im Laufe ihres Lebens mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV). Meist erfolgt die Ansteckung im Kindesalter und verläuft in der Regel asymptomatisch. Insbesondere bei späterer Infektion kann EBV aber Krankheiten auslösen, etwa Pfeiffersches Drüsenfieber, Immunerkrankungen, Multiple Sklerose und verschiedene Krebsarten. Einen Impfstoff gibt es bisher nicht. Gefördert vom DZIF will das in Ausgründung aus dem Helmholtz Munich befindliche Start-up EBViously das nun ändern: Ziel ist, einen aussichtsreichen Impfstoffkandidaten vom Labor in die qualitätsgesicherte Herstellung zu führen und damit den Weg für präklinische und klinische Studien zu ebnen. Dazu wird EBViously Patente für die Entwicklung und Anwendung nicht-infektiöser, von EBV-abgeleiteter virusähnlicher Partikel am Menschen von Helmholtz Munich exklusiv einlizenzieren.
Der Wirkstoff Dextromethorphan (DXM) ist vor allem als Hustenstiller bekannt. Untersuchungen zeigen, dass DXM ebenso die Inselzellen im Pankreas schützt und den Blutzucker senken kann. Allerdings wirkt das Medikament auch auf das Gehirn und kann Schwindel und Müdigkeit verursachen. DZD-Forschende haben DXM so modifiziert, dass es Insulin-produzierende Zellen schützt und den Blutzucker senkt - ohne Nebenwirkungen auf das Gehirn zu haben. Die chemischen Veränderungen verhindern die Passage durch die Blut-Hirn-Schranke. In Mäusen bewahrt das Derivat die Zellen in der Bauchspeicheldrüse vor dem Zelltod, ohne ihr Verhalten zu beeinträchtigen. Ein US-Patent wurde für diese Derivate erteilt. Der modifizierte Wirkstoff wird nun weiterentwickelt. Er gilt als hoffnungsvoller neuer Kandidat für Diabetes-Medikamente.
Ein neuer Therapieansatz könnte helfen, schwere Herzschäden nach einem Infarkt zu vermeiden. Forschende der Universitätsmedizin Mainz und des DZHK haben herausgefunden, dass eine übermäßige Entzündungsreaktion die Narbenbildung im Herzen verstärkt und die Pumpleistung verschlechtert. Ihre Methode blockiert gezielt den verantwortlichen Signalweg – mit vielversprechenden Ergebnissen in Tierversuchen. Behandelte Mäuse entwickelten weniger Narbengewebe und zeigten eine bessere Herzfunktion. Für diese Entdeckung wurde im November 2024 das europäische Patent EP4247408 erteilt. Nun wird ein Industriepartner gesucht, um die Therapie weiterzuentwickeln und in die Klinik zu bringen.
Wenn Forschungsergebnisse erfolgreich in der klinischen Praxis getestet wurden und Marktzulassungen erhalten haben, fließen sie in medizinische Leitlinien ein. Diese Leitlinien dienen als evidenzbasierte Empfehlungen für Ärzte und Fachpersonal und unterstützen die breite Anwendung der Innovation in der Praxis.
Eine echte Pionierleistung wurde unter Federführung von DZL-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern vollbracht: Die erste deutschsprachige Leitlinie „Management erwachsener Patientinnen mit Bronchiektasen-Erkrankung" ist verabschiedet. Bronchiektasen sind Erweiterungen der Bronchien, die mit gestörtem Sekrettransport, chronischer Entzündung und häufigen Infektionsepisoden einhergehen. In den letzten Jahren konnte die noch schmale Forschungsdatenbasis deutlich verbessert werden: Das DZL-assoziierte Bronchiektasen-Register PROGNOSIS und das europäische Register EMBARC sammeln Daten und Biomaterialien, um diese vernachlässigte Erkrankung besser zu verstehen. Zudem widmet ihr das DZL ab 2024 einen Schwerpunkt. Die nun verabschiedete Leitlinie fasst den Forschungsstand zusammen und gibt hilfreiche Empfehlungen für den klinischen Alltag.
Zum Welt-AIDS-Tag 2024 veröffentlichte die International Antiviral Society-USA neue Leitlinien zur HIV-Behandlung und -Prävention. Die von einem internationalen medizinischen Expertengremium unter Beteiligung der DZIF-Wissenschaftlerin Prof. Dr. Clara Lehmann erarbeiteten Leitlinien empfehlen fortschrittliche HIV-Therapien und für Hochrisikogruppen Präventionsmethoden wie die Präexpositionsprophylaxe, bei der HIV-negative Menschen ein HIV-Medikament einnehmen, um sich vor einer Ansteckung zu schützen. Ziel ist es, die Behandlung individuell anzupassen und die Therapietreue durch langwirksame Optionen zu verbessern. Zu einem ganzheitlichen Ansatz gehört auch die Prävention von Begleiterkrankungen wie Herz-Kreislauf-Beschwerden. Trotz aller Fortschritte ist der Zugang zu HIV-Behandlung und -Prävention weltweit nach wie vor ungleich verteilt, weshalb die Leitlinie betont, dass gezielte Maßnahmen notwendig sind, um einen gerechten Zugang zu lebensrettenden Maßnahmen zu gewährleisten und die Epidemie einzudämmen.
Um Forschungsergebnisse in marktfähige Produkte oder Dienstleistungen umzuwandeln, kann die Gründung eines Unternehmens (Start-ups oder Spin-offs) eine wichtige Rolle spielen. Diese Unternehmen entwickeln Technologien oder Produkte weiter, treiben die Vermarktung voran und tragen damit dazu bei, die Innovation auf den Markt zu bringen.
Die Firma AVOCET Bio, eine Ausgründung des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung, erhält 4,7 Millionen Euro von der Agentur für Sprung-Innovationen. Das Team um die Göttinger Kardiologin Elisabeth Zeisberg will damit Therapien gegen RNA-Viren entwickeln. Grundlage ihrer Technologie ist das Enzym CRISPR-Cas13. Anders als CRISPR-Cas9, sein berühmter Verwandter, schneidet es RNA-Moleküle und nicht DNA. „CRISPR-Cas13 ist erst seit 2017 bekannt. Wir arbeiten damit seit Langem in der Fibroseforschung, indem wir Genprodukte im Herzmuskel ausschalten“, sagt Zeisberg. Schon zu Beginn der COVID-19-Pandemie habe sie das Potenzial für die Bekämpfung von RNA-Viren wie dem Corona-Virus erkannt. AVOCET will die Methode zur Plattformtechnologie weiterentwickeln, aus der auch Therapien gegen andere RNA-Viren wie Influenza oder Tollwut und darüber hinaus gegen Krebs und Herzerkrankungen hervorgehen können. Das Beispiel AVOCET zeigt, wie aus langjähriger Grundlagenforschung zum richtigen Zeitpunkt anwendungsnahe Innovationen entstehen können – auch über Disziplingrenzen hinweg.
Mit innovativen, komplexen KI-Algorithmen konnten Forschende des DKTK-Programms „Molekulare Diagnostik, Früherkennung und Biomarker" spezifische Methylierungsmuster in der DNA identifizieren. Diese genetischen Fingerabdrücke sind Grundlage für präzise Vorhersagemodelle, sogenannte Classifier. Sie können Tumore mit hoher Genauigkeit diagnostizieren und helfen, die beste Behandlungsstrategie auszuwählen. Das Start-up Heidelberg Epignostix will Classifier als diagnostisches Produkt weltweit vermarkten. Dafür kooperiert das interdisziplinäre Expertenteam mit führenden internationalen Krebsforschungsinstitutionen.
Erste Anwendung ist die Klassifizierung von Hirntumoren, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Im Juli 2024 wurde die Finanzierung für die Markteinführung des „Hirntumor Classifiers" als zugelassenes „in vitro"-Diagnostikprodukt bereitgestellt. Die Technologie könnte künftig bei vielen weiteren onkologischen Fragestellungen eingesetzt werden.
Die Bereitstellung funktionierender Infrastrukturen ist essenziell für die Translation. Dazu gehören gut ausgestattete Forschungseinrichtungen, Netzwerke zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesundheitssystemen, Daten- und Biobanken sowie Förderprogramme, die die Entwicklung und Umsetzung unterstützen.
In Molekularen Tumorboards (MTB) besprechen Expertenteams unterschiedlicher Fachrichtungen (Onkologie, Pathologie, Humangenetik, Molekularbiologie, Bioinformatik) einzelne Krebsfälle und entscheiden auf der Grundlage der molekularen Merkmale der individuellen Erkrankung über die beste Behandlungsmöglichkeit. Die Sitzungen haben sich unter anderem durch technologische Fortschritte und unser wachsendes Verständnis der Krebsentstehung weiterentwickelt und es werden zunehmend Patientinnen und Patienten sowie ihre Vertreterinnen und Vertreter in Entscheidungsprozesse einbezogen. Das DKTK hat für MTB in Deutschland Pionierarbeit geleistet: Mehrere Standorte haben bereits sehr früh MTB aufgebaut und im Rahmen des MASTER-Programms wurde erstmals ein standortübergreifendes etabliert. Zudem fördert das DKTK das Projekt MTB Alliance, mit dem alle DKTK-Partnerstandorte die gemeinsame wissenschaftliche und klinische Nutzung von MTB-Daten weiter verbessern.
Die Infrastruktur Digital Mental Health entwickelt als Netzwerk von Expertinnen und Experten Methoden weiter, um Stimmungs-, Bewegungs- und andere Alltagsdaten per Smartphone und Wearables zu erfassen. Die dadurch generierten Forschungsergebnisse zu Mechanismen und Risikofaktoren werden anschließend genutzt, um digitale Gesundheitsanwendungen für Diagnostik und Therapie psychischer Erkrankungen zu entwickeln, die direkt in der Lebenswelt der Menschen genutzt werden können. Um diese Translation zu unterstützen, bietet die Infrastruktur Beratung zur Nutzung digitaler Plattformen, zur automatisierten Echtzeit-Datenanalyse und zur Entwicklung von Gesundheitsanwendungen gemäß EU Medical Device Regulation an. Das soll die Einführung neuer digitaler Innovationen beschleunigen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Forschung im Bereich Digital Mental Health stärken und die Versorgungsqualität steigern.
Ein wichtiger Schritt ist die behördliche Zulassung des Produkts oder Verfahrens, z. B. durch Institutionen wie die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) oder die U.S. Food and Drug Administration (FDA). Erst diese Genehmigung ermöglicht die Vermarktung und Anwendung des Produkts im jeweiligen Markt.
Adipositas zählt zu den bedeutendsten Risikofaktoren für Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Polyagonisten können in einem bisher unerreichten Ausmaß Körpergewicht senken und verbessern die Blutzuckerwerte. Die neue Wirkstoffgruppe ahmt die Wirkung verschiedener Hormone nach. Polyagonisten reduzieren so den Appetit, verstärken das Sättigungsgefühl und fördern den Fettabbau sowie die Insulinsekretion. Entwickelt haben das innovative Wirkkonzept unter anderem Forschende des DZD und von Helmholtz Munich. Der erste Vertreter dieser neuen Medikamentenklasse ist bereits zur Behandlung von Typ-2-Diabetes zugelassen. Das Medikament kombiniert die Hormone GLP-1 (Glucagon-like Peptide-1) und GIP (Glucose-dependent insulinotropic Polypeptide). Sie bewirken eine vermehrte Ausschüttung von Insulin und zügeln den Appetit. Mit beeindruckenden Resultaten: Das neue Medikament reduziert je nach Patientengruppe das Körpergewicht im Durchschnitt um bis zu 22 Prozent und verbessert die Blutzuckerwerte.
Eine unzureichend schließende Mitralklappe führt häufig zu Atemnot und eingeschränkter Leistungsfähigkeit. In Deutschland leiden etwa eine Million Menschen an einer behandlungsbedürftigen Mitralklappeninsuffizienz, wobei ein offener Herzklappenersatz für viele – besonders ältere – Patientinnen und Patienten zu riskant ist. Prof. Georg Lutter vom DZHK-Standort Kiel hat mit DZHK-Förderung einen innovativen Stent entwickelt, der minimalinvasiv am schlagenden Herzen eingesetzt werden kann.
Das Besondere: Der Eingriff erfolgt ohne Vollnarkose und ohne eine offene Herzoperation. Der Stent wird über einen kleinen Schnitt im Brustkorb ins Herz geführt und unter Ultraschall- und Röntgenkontrolle präzise positioniert. Der Eingriff dauert etwa 1,5 Stunden und verbessert die Funktion der Mitralklappe erheblich. Der „Tendyne“-Stent, mit dem mittlerweile fast 2.000 Menschen erfolgreich behandelt wurden, ist das Ergebnis jahrelanger Forschung. Seit 2020 ist er in Europa (Conformité Européenne, CE) für Hochrisikopatientinnen und -patienten zugelassen.
Menschen im Alter zwischen 50 und 75 Jahren, die rauchen oder früher rauchten, haben ein erhöhtes Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Sie können sich nun einer Niedrigdosis-Computertomografie zur Früherkennung unterziehen. Das für die Zulassung zuständige Bundesumweltministerium hat die Anwendung des Verfahrens aus Sicht des Strahlenschutzes erlaubt. Die Genehmigung ist das Ergebnis von mehreren Studien, an denen auch das DZL mitwirkte. Durch sie wurde bestätigt, dass ein Lungenkrebs-Screening in Risikopopulationen in der Lage ist, Krebs früh zu erkennen, um so die Heilungschancen zu verbessern und die Sterblichkeit zu senken. Ob die Lungenkrebsfrüherkennung Teil der Versorgung der Gesetzlichen Krankenversicherung wird, entscheidet der hierfür zuständige Gemeinsame Bundesausschuss.