12. Juli 2022

    Deutlich mehr Luft und weniger Schleim bei Mukoviszidose

    Studie belegt Wirkung von Dreifachtherapie

    Mit einer neuen Dreifachtherapie haben Mukoviszidose-Patient:innen deutlich weniger Schleim in der Lunge und ihre Atemwege sind wesentlich besser belüftet. Das zeigt eine Studie, die an drei Standorten des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) und dem Mukoviszidose-Zentrum der Charité – Universitätsmedizin Berlin durchgeführt wurde.

    Die Zulassungsstudien für die neue Dreifachtherapie belegten bereits, wie gut sich die Kombination der drei sogenannten CFTR-Modulatoren Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor auf die Lungenfunktion und Lebensqualität der Mukoviszidose-Patient:innen auswirkt. „Bisher wurde in diesen Studien die Lungenfunktion jedoch nur mittels Spirometrie ermittelt, ein Verfahren, dass die typischen funktionellen Veränderungen bei Mukoviszidose nur ungenau wiedergibt“, sagt Prof. Dr. Anna-Maria Dittrich vom DZL-Standort BREATH an der Medizinischen Hochschule Hannover. Diese Veränderungen, welche vor allem durch die Verlegung der kleinen Atemwege durch zähes Sekret zustande kommen, lassen sich besser mit dem Gasauswaschverfahren zur Bestimmung des sogenannten Lung Clearance Index (LCI) ermitteln. Mit diesem Verfahren konnten die Forscher:innen zeigen, dass die Lunge mit der Dreifachtherapie bis in ihre feinsten Verästelungen wesentlich besser belüftet ist. Während der LCI bei den meisten Patient:innen vor Therapiebeginn deutlich erhöht war, hatten 40 Prozent der Patient:innen unter Therapie einen LCI, wie ihn gesunde Personen aufweisen.

    MRT zeigt erstmals, dass Dreifachtherapie Schleim verringert

    Das Grundproblem bei Mukoviszidose ist die Bildung von zähem Schleim, der die Atemwege und innere Organe wie den Darm verstopft. In der Lunge behindert der Schleim die Atmung und dient zudem als Nährboden für Bakterien. Hierdurch kommt es zu einer chronischen Infektion und Entzündung, welche zu Umbauprozessen führen: Die Atemwege verdicken sich und es entstehen irreversibler Ausbuchtungen in den Bronchien, sogenannte Bronchiektasen. Um zu untersuchen, wie die Dreifachtherapie auf den Schleim und weitere Veränderungen in der Lunge wirkt, wurden die Studienteilnehmer:innen mit dem bildgebenden Verfahren der Magnetresonanztomographie (MRT) untersucht. „Diese MRT-Untersuchungen konnten erstmals zeigen, dass mit der Dreifachtherapie die Schleimpfropfen in der Lunge deutlich reduziert werden. Darüber hinaus liefern die Ergebnisse erste Hinweise, dass entzündungsbedingte Verdickungen der Bronchien zurückgingen", sagt Professor Marcus Mall, Direktor der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin an der Charité.

    Wo die CFTR-Modulatoren ansetzen

    Bei Mukoviszidose, auch cystische Fibrose (CF) genannt, ist das Gen für einen Ionenkanal an der Oberfläche von Schleimhautzellen genetischt verändert. Dadurch funktioniert der Kanal gar nicht oder nur eingeschränkt. Der betroffene Ionenkanal heißt Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator (CFTR). Über 2.000 unterschiedliche genetische Veränderungen, also Mutationen, des Kanals sind bekannt. Die kürzlich entwickelten CFTR-Modulatoren ermöglichen es, bestimmte Mutationen bei Mukoviszidose-Patient:innen zu behandeln. Dazu gehört auch die häufige F508del-CFTR-Mutation, die bei den 91 Studienteilnehmern vorlag. 46 der untersuchten Patient:innen trugen diese Mutation auf beiden CFTR-Genkopien, 45 nur auf einer CFTR-Genkopie. Die Kombination von drei CFTR-Modulatoren kann die gestörte Funktion des Ionenkanals im Mittel um 40 bis 50 Prozent steigern. Das zeigten die DZL-Forscher:innen in einer vorangegangenen Arbeit.

    Langzeitstudie überprüft Effekt auf Umbauprozesse in der Lunge

    „In unserer aktuellen Studie haben wir die schnellen Effekte der Dreifachtherapie auf die Belüftung der Lunge und die Schleimpfropfen in den Atemwegen nach drei Monaten untersucht“, sagt Dr. Simon Gräber, Arzt und Forscher an der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin an der der Charité, einer der Erstautoren der Studie. „Im nächsten Schritt wollen wir herausfinden, wie sich die Behandlung langfristig auf die funktionellen und strukturellen Veränderungen der Lunge und das Fortschreiten der Lungenerkrankung bei Mukoviszidose auswirkt. Hierzu planen wir die Patient:innen sowohl ein als auch zwei Jahre nach Beginn der Dreifachtherapie erneut im MRT zu untersuchen sowie den LCI bestimmen.“ Denkbar wäre laut Gräber, dass Verbesserungen der morphologischen Veränderungen der Lunge, die im MRT zu sehen sind, nach einer längeren Behandlungszeit noch deutlicher werden. Denn trotz einer hohen Übereinstimmung war der Effekt auf den LCI nach drei Monaten größer als es die im MRT beobachteten Veränderungen in der Lunge hätten vermuten lassen. Diese Hypothese soll in der bereits angelaufenen Langzeitstudie überprüft werden.

    Quellen:

    Originalpublikation:  Effects of Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor Therapy on Lung Clearance Index and Magnetic Resonance Imaging in Patients with Cystic Fibrosis and One or Two F508del Alleles. Graeber SY, Renz DM, Stahl M, Pallenberg ST, Sommerburg O, Naehrlich L, Berges J, Dohna M, Ringshausen FC, Doellinger F, Vitzthum C, Röhmel J, Allomba C, Hämmerling S, Barth S, Rückes-Nilges C, Wielpütz MO, Hansen G, Vogel-Claussen J, Tümmler B, Mall MA, Dittrich AM.Am J Respir Crit Care Med. 2022 May 10. DOI: 10.1164/rccm.202201-0219OC.

    Newsartikel auf der DZL-Website: https://dzl.de/news/deutlich-mehr-luft-und-weniger-schleim-dreifachtherapie-hilft-mukoviszidose-patienten/

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    Prof. Dr. Anna-Maria Dittrich, Dr. Simon Gräber und Prof. Dr. Marcus Mall